... zur Einweihung des neuen Saales im Gasthause zum Goldenen Stern in Borna am 5. Dezember 1844
Sei uns gegrüßt o Raum, in dessen Hallen
die Lust heut ihre ersten Blüthen treibt
Und sicher in den Herzen von uns Allen
Die freundlichste Erinnerung niederschreibt.
Beim fröhlichen Geläute
Der Becher, sei der Freunde.
In diesem Raume der Geselligkeit:
Das erste Glas aus voller Brust geweiht.
Es bleibe stets von diesen heitren Räumen
Der Mißmuth und die finstre Sorge fern.
Wir wollen uns noch oft hier glücklich träumen.
Ein Stern der Freude sei der goldne Stern!
Drum auf! Ihr wackern Zecher!
Erhebet die vollen Becher!
Und trinkt der Traube goldnen Wein:
Auf öftres fröhliches Beisammensein!
Die Eintracht würze alle unsre Freuden:
Der Geist der Kasten bleibe fern verbannt.
Denn wo die Menschen sich nach Klassen scheiden:
Hat man den Werth des Lebens nicht erkannt.
Wo sich Philister brüsten
Und stolze Egoisten,
Das ist das Leben keinen Heller wert.
Weil man im Menschen nicht den Menschen ehrt.
Wir sind gewiß: daß einst an Gottes Thorne
Der Meister mit gerechter Wage wägt.
Daß mehr nicht wiegt der König mit der Krone,
Als jener, der den Leinenkittel trägt.
Drum drückt Euch warm die Hände
Ihr Männer aller Stände!
Und geht vereint und friedsam eure Bahn,
Gott sieht das Herz und nicht die Kleider an.
Gleich sind wir, ob uns milder oder rauher,
Arm oder reich das Schicksal hat bedacht,
Ob Edelmann, ob Bürger oder Bauer:
Gemein ist nur, wer selbst gemein sich macht.
Vom Vater Adam stammen
Wir alle ja zusammen.
Von allen Ahnenschildern insgesamt:
Ist älter keins, als das von Adam stammt.
Drum möge nie des Kastengeistes Wolke
Der Himmel dieses Freudentempels sein.
Hand an das Glas! Wir wollen ihn dem Volke
Der Lieb und Eintracht seiner Bürger weihn!
Auf! hebt aus Herzensgrunde
Das volle Glas zum Munde!
Daß dieses Saales schönste Festesweih:
Die Lieb und Eintracht aller Stände sei!
Richard Glaß